Wertung: **
Nahezu jedes Festival hat seinen Skandalfilm. Auf der diesjährigen Berlinale erregte Zach Snyders Helden-Epos „300“ die Gemüter. Viele warfen dem martialischen Kriegsfilm ein faschistoides Blut-und Boden-Weltbild und tumbe Gewaltverherrlichung vor. Snyder selbst beteuert, lediglich ein unterhaltsames Fantasy Spektakel für Comic-Fans gedreht zu haben.
Selbst Politiker debattieren – ähnlich wie im letzten Jahr
beim türkischen Anti-USA Hetzfilm „Tal der Wölfe“ – über die Problematik von
„300“: Vertreter Irans forderten von der Unesco gar eine
Verurteilung des Films, weil „dieser das iranische Volk schmähen würde“. All
diese Medien-Präsenz führte, neben einem geschickten Internet-Hype dazu, dass
„300“ trotz hoher Altersbeschränkungen der bis dato weltweit größte
Kassenerfolg in diesem Jahr wurde.
Die Geschichte, die sich eng an Frank
Millers („Sin City“) gleichnamigen Kult-Comic hält, ist im Grunde denkbar
einfach gestrickt.
„300“ handelt von der grausamen, antiken Schlacht an den Thermopylen, in der Spartanerkönig Leonidas und dreihundert Hopliten 480 Jahre vor Christus bis zu ihrem Tod gegen Xerxes und seine persische Großarmee kämpfen. Ihr irrsinniger Mut sich trotz der Todes-Gewissheit der gewaltigen persischen Übermacht entgegenzustellen inspiriert ganz Griechenland, sich gegen den scheinbar unbesiegbaren Feind zu verbünden.
Diese historische Ausgangssituation spielt in Snyders Comic-Verfilmung kaum eine Rolle. Ihm geht es um die Lust am Spektakel, und die weiß er auf technisch vollkommene Art und Weise zu zelebrieren. Ähnlich wie in der Miller-Verfilmung „Sin City“ agieren die Schauspieler nicht an Originalschauplätzen, sondern in Filmstudios vor blauen Wänden. Alle Hintergründe wurden später mit Hilfe des Computers digital hineinkopiert. Dadurch erreicht Snyder eine Verfremdungsästhetik, die besonders bei den milchig-gelben Himmel-Aufnahmen fasziniert. Auch in den Kampfszenen, die mehr als die Hälfte des Films ausmachen, greift er zu allem Mitteln, um die Videospiel-Generation zufriedenzustellen. Rasante Schnitte, der unmittelbare Einsatz von Zeitraffer und Zeitlupe und dazwischen ein brutales Blut-Spritzen erzeugen Kampfsequenzen, die mitreißen. Mittendrin hallen Schlachtrufe wie: „Für Ruhm, Freiheit, Ehre, Heimat“ und „Es gibt keine Gefangenen“. Bei aller formalen Brillanz muss sich Snyder hier den Vorwurf gefallenlassen im Gegensatz zu Clint Eastwoods „Flags of our Fathers“ Krieg zu heroisieren und den Opfertod fürs Vaterland zu idealisieren. Das dabei auch noch muskelbepackte Männerkörper im Gegenlicht erstrahlen erinnert fatal an Leni Riefenstahls „Olympia-Filme“ von 1936. Sicher war das nicht Snyders („Dawn of the Dead“) Intention, aber den Vorwurf sich faschistischer Bilder zu bedienen muss er sich gefallenlassen. Außerdem bereichert er sich ungeniert bei Hits wie „Herr der Ringe“, so z. B. bei einer Monsterfigur, die fatal an „Gollum“ erinnert. Gerard Butler glänzt mit seinem kraftvollen Auftritt in der Hauptrolle, ähnelt dabei sehr an Russel Crowe in „Gladiator“ genauso wie der Soundtrack, der teilweise identische Passagen aus Hans Zimmers Original übernimmt.
Snyder wird mit „300“ auch in Deutschland sein Publikum
finden; mangelnde Spannung oder technisches Unvermögen kann man ihm auch nicht
vorwerfen, die problematische Geisteshaltung, die er dabei vorführt, muss man
ihm aber kritisch vorhalten. Florian Koch
R: Zach Snyder, B: Zach Snyder, Kurt Johnstad, Michael B.
Gordon, K: Larry Fong (USA, 117 Min)