Bullet In The Head
Da im The Killer-Thread auch Bullet in the Head erwähnt worden ist, möchte ich diesen Klassiker auch reviewen.
Dieser Film stellt wohl John Woo`s ambitioniertestes Projekt da. Seine klassischen Motive Freundschaft, Loyalität und Konfrontation verarbeitet er hier im Kontext des Vietnamkriegs.
Drei Freunde wachsen im Honkong der 60er Jahre auf. Nichts kann sie trennen und ihr Leben verläuft recht friedlich, sieht man von den Gangrivalitäten ab, die immer wieder zu recht blutigen Scharmützeln führen. So kommt es, dass einer von ihnen ordentlich Prügel einstecken muss und bei der Hochzeit seines Freundes mit einer Platzwunde erscheint. Noch in der selben Nacht kommt es zu einer folgenschweren Konfrontation mit der verfeindeten Gang. Ein Konkurrent wird versehentlich getötet. Jetzt ist die Polizei hinter den drei Jungs her. Die Flucht nach vorne ist der einzige Ausweg. Raus aus Honkong und ab nach Vietnam. Ein Onkel der Freunde hilft ihnen bei der Ausreise und vermittelt den Dreien eine Kontaktperson in Vietnam. Dort soll ein Waffenverkauf über die Bühne gehen. Doch alles läuft völlig aus der Bahn als sich einer von ihnen in die drogenabhängige Geliebte des Geschäftspartners, einen äußerst gefährlichen Gangster verliebt. Es kommt zu einer brutalen Schießerei, die damit endet, dass es den Freunden gelingt zu entkommen und auch noch eine Kiste voll Goldstücken zu stehlen. Doch nun geraten sie in den Terror der Kriegswirren hinein und werden von den Vietkong gefangengenommen. Brutale Folter und tagelanges Martyrium brechen die Psyche der Freunde. Durch das Eingreifen amerikanischer Soldaten werden sie befreit, doch die Goldgier und der Wahnsinn hat bei einem von ihnen bereits Spuren hinterlassen und aus Freunden werden erbitterte Feinde. Eine Feindschaft, die für alle das Leben für immer verändert.
Mehr zu erzählen wäre unfair, da man sich dem Film am besten völlig ohne Vorwissen aussetzt. Ihr hört richtig: Aussetzt! Ein anderes Wort wäre falsch, denn ein leichtes Vergnügen ist dieser Film in keinem Augenblick. Nachdem die erste halbe Stunde noch wie ein spannender Gang-Film daherkommt, mündet die Handlung spätestens, ab der Gefangennahme der drei Freunde durch den Vietkong in ein brutales Kriegsdrama. Alleine die Folterszenen werden einige Leute zum Abschalten des Films bewegen, da sowohl die psychische, als auch die physische Gewalt an die Grenzen des Ertragbaren geht. John Woo inszeniert diesen bösen Trip, als dreckig-brutales Drama, dass durch seine emotionale Komplexität gleichermaßen fordert und fasziniert. Unparteiisch ist das nicht, wie der Regisseur, den Vietkong darstellt: Sadistische Schweine, die sich am Schmerz ihrer Gefangenen weiden. Klar, dass sind dramaturgische Handkniffe, die einem nach Genuss des Films erst bewusst werden, jedoch kann man ob der Dichte mit welcher die Geschichte erzählt ist darüber hinwegsehen.
Das Ganze ist dermaßen packend, spannend und von einer erschreckenden Intensität, dass man manche Szenen niemals vergessen wird. Allein die letzte halbe Stunde ist in ihrer brutalen Konsequenz beispiellos in diesem Genre. Wie sich das Martyrium des Krieges und die damit verbundenen psychischen Schäden am Ende entladen stellt für den Zuschauer eine echte Nervenprobe dar.
Wie direkt und gnadenlos sich der Hass entlädt ist von John woo mit einer rohen Wucht inszeniert und in seinem Oeuvre einmalig. Die visuelle Verspieltheit und Woos Freude an kunstvoll-abgedrehten Munitionsorgien sind nur noch im Ansatz vorhanden, vielmehr sind die Actionszenen in ihrer Stilisierung her für Woo-Verhältnisse relativ geradlinig. Was nicht heißen soll, Woo habe seinen Film visuell schleifen lassen. Im Gegenteil. Der Film ist fantastisch montiert und mit langem Atem erzählt, ohne das eine Sekunde Stagnation herrschen würde. Präzise und unerbittlich zieht Woo die dramaturgische Schraube immer fester an, bis der Zuschauer die Spannung fast nicht mehr ertragen kann. Die dramatischen Wendungen kommen völlig unvermittelt, plötzliche Explosionen der Gewalt nageln den Zuschauer erbarmunglos an die Wand. Bei zartbesaiteten Menschen wird der Film mit Sicherheit Spuren hinterlassen. Und das wid nicht von den Unmengen Kunstblut, die einem um die Ohren geschleudert werden, sondern das ist der unfassbar intensive Schluss. Ein Ende, wie es böser und auswegsloser nicht sein könnte.
Noch dazu ist der Film fantastisch besetzt und mit Tony Leung spielt einer der größten Stars des asiatischen Kinos mit. Die Schauspieler ( neben Leung spielen die Hauptrollen, Waise Lee und Jacky Cheung )füllen die Rollen mit Leben aus und bringen das Leiden dem Zuschauer autentisch rüber.
Fazit: Bullet in the Head ist ein inszenatorischer Kraftakt und neben The Killer sicher der beste Film, den Woo je gedreht hat. Unvergessliche Bilder, schonungsloseGewalt und eines der schockierendsten Enden der Filmgeschichte werden bei jedem wirklichen Filmfan Spuren hinterlassen und sich geradezu in die Netzhaut einbrennen. Euphorie über so einen guten Film und Tränen über das harte Ende liegen hier nah beieinander. Mehr kann Kino nicht sein! Ansehen, bitte!
A Chinese Ghost Story
Fantasy-Filme sind ja momentan sehr angesagt, nicht zuletzt durch den gigantischen Erfolg von Herr der Ringe oder Harry Potter. Und so wird es wohl auch noch eine Zeit lang In sein, allerlei mehr oder weniger gelungene Filme zu produzieren, die im phantastischen Bereich angesiedelt sind. Doch wenden wir unseren Blick lieber mal zurück. Richtig gute Fantasy-Filme sind schon immer rar gewesen, was nicht zuletzt an den technischen Mitteln scheiterte, die vor Anbruch des digitalen Zeitalters in diesem Maße, wie es heute möglich ist, noch einfach nicht realisierbar waren. Was für gelungene Fantasy gibt es also in der Vergangenheit? Legende von Ridley Scott? Nicht wirklichc. Trotz beeindruckenden Sets war das leider nicht mehr als eine recht zusammengeschusterte Revue-Nummer.
Willow von Ron Howard? Hmm, auch nicht mehr als ein netter Film, jedoch von einem soliden Handwerker wie Howard konnte man ja nicht mehr erwarten. Also generelle Fehlanzeige. Nicht ganz. Wenden wir unseren Blick (mal wieder) lieber nach Asien. A Chinese Ghost Story heißt ein Film, der Ende der 80er weltweit Preise einsackte und das westliche Publikum erstmal richtig auf das Honkong-Kino aufmerksam machte.
Ich hoffe mal, dass ihn einige von euch bereits gesehen haben. Denn hier handelt es sich um einen wunderbar stimmigen Fantasy-Film der Extraklasse. Die Geschichte basiert auf eine alte chinesische Sage und wurde mit allerlei Action und Romantik aufgemotzt. Nicht zuletzt die böse Hexe mit der meterlangen Riesenzunge ist legandär. Von Anfang an wird man von der rasant erzählten Geschichte in den Bann gezogen. Ein schüchterner Steuereintreiber findet in einem kleinen Ort keine Unterkunft und muss sich in einer alten Kapelle mitten im Wald einquartieren. Doch in diesem Wald herrscht ein böser Dämon, der sich die Geister verstorbener Mädchen als Sklavinnen hält und sie dazu benutzt ihn selbst am Leben zu erhalten. Wanderer und umherziehende Schwertkämpfer werden von den bildhübschen Geistermädchen verführt. Doch der Liebesakt endet für sie tödlich. Der Dämon entzieht den armen Jungs, die sich eigentlich auf ein bisschen Sex gefreut hatten mit seiner riesigen Zunge ihre Lebensenergie. Unser Held trifft in der ersten Nacht auf einen der Geister und beide verlieben sich ineinander. Doch der Dämon hat andere Pläne und will gerade das verliebte Geister-Mädchen mit dem Fürst der Unterwelt verheiraten. Also ist für den linkischen Steuereintreiber Kampf angesagt. Zur Seite steht ihm dabei ein, alter, mürrischer Magier, der den Wald bewacht.
Spätestens hier zündet Regiesseur Ching-Siu-Tung ein atemlos machendes Actiongewitter. Der Kampf mit dem Dämon, dessen Zunge ein ganzes Haus auseinander nimmt, die Schwertkampfeinlagen des Magier oder der spekatkuläre Showdown in der Unterwelt, der mit Flammenschwertern und Armbrüsten ausgetragen wird sind mit einer filigranen Finesse inszeniert, dass einem die Spucke wegbleibt. Abgefahrene Kamerapositionen, stakattoartige Schnitte und die völlig entfesselte Kamera lassen einen in der letzten halbe Stunde nicht mehr zur Ruhe kommen. Davor punktet der Film mit einer wunderbar atmosphärischen Gruselstimmung und der humor und gefühlvollen Liebesgeschichte zwischen dem Geist und dem Steuereintreiber. Grandiose Bilder, Slapstick, Grusel und furiose Action: Hier gibt es die Vollbedienung. Die Spezialeffekte sind aus heutiger Sicht freilich leicht angestaubt, doch die Schwertkämpfe und Flugakrobatik sind dermaßen rasant, dass man sich eigentlich ständig fragen muss: Wie haben die das damals gemacht? Klar, Wirework! Jedoch beeindruckt die Überästhetisierung und die stimmigen düsteren Bilder in jeder Sekunde des Films. Ein Happy-End sollte man nicht erwarten, sondern einen wunderschön bitter-süßen Schluss, der die Tür für die gelungene Fortsetzung offen hält. Teil 3 ist dann allerdings zu vernachlässigen, da er eine reine Variation des ersten Teils bietet, ohne neue Akzente hinzuzufügen.
Fazit: A Chinese Ghost Story ist DER Honkong-Fantasy-Klassiker. Furios, emotional, witzig und von der ureigenen Wucht des asisatischen Kinos. Unbedingt ansehen und sich der Verführung aus dem Reich der toten hingeben.
The Killer
Letztes Jahr lief der durchschnittliche Paycheck mit Gesichtsvermieter Ben Affleck im Kino. Inszeniert von der Honkong Regie-Legende John Woo, der mit jedem Film, den er in den USA dreht bei seinen Fans ein Stück seiner Kredibilität einbüßen muss. Sowohl Windtalkers, als auch Mission Impossible II präsentieren den Meister nur noch als Schatten seiner selbst, der verzweifelt versucht seine Stilmittel ( Tauben, extreme Zeitlupen, derbe Gewalt ) mit dem amerikanischen Way of making films zu vereinbaren. Face/Off bildet da die löbliche Ausnahme. Doch woher kommt denn dann eigentlich der gute Ruf des Chinesen. Zahlreiche populäre Fans, wie Oliver Stone, Quentin Tarantino oder Martin Scorsese ebneten ihm den Weg nach Hollywood. Doch hier konnte John Woo nie wieder an Meisterwerke wie The Killer anknüpfen, den ich im folgenden reviewen möchte.
Dies ist der Film, der John Woo zum Kultregisseur machte! Ein Klassiker des New-Honkong-Cinemas und auch ein absoluter Kritikerliebling. Immer wieder gerne zitiert und wieder in Kinos aufgeführt.
The Killer erzählt auf den ersten Blick eine denkbar einfache Geschichte. Ein Auftragskiller ( der geniale Chow Yun-Fat ) blendet bei einem Auftrag durch das Mündungsfeuer seiner Waffe eine unschuldige Sängerin. Dies verändert seine Einstellung zu seinem "Job". Er übernimmt einen letzten Auftrag. Als er eines Tages, die blinde Sängerin ( Sally Yeh ) wiedersieht, beschließt er, sich um sie zu kümmern und verliebt sich in sie. Derweil hat ein engagierter Polizist ( Danny Lee ) die Verfolgung aufgenommen. Seine Ermittlungen führen ihn zu der Sängerin. Polizist und Killer treffen aufeinander und bemerken, dass sie sich gar nicht so unähnlich sind. Zu allem Überfluss wollen die Auftragsgeber des Killers jetzt auch noch mit abrechnen. Nur die Flucht in ein neues Leben ist jetzt der einzige Ausweg. Doch es kommt anders. Und am Ende müssen Cop und Killer Seite an Seite um ihr Überleben kämpfen.
Mehr will ich gar nicht verraten, denn alle die diesen Film noch nicht gesehen haben, werden von dem unfassbaren Shwodown in der Kirche schlichtweg umgeblasen werden.
The Killer ist vielleicht der beste Actionfilm der je gedreht wurde. Allein der düstere Anfang in der Kirche lässt einen ganz tief in die Welt des Films eintauchen. Die Actionszenen sind mit einer Wucht inszeniert, dass einem der Atem stockt. Die perfekt eingesetzte Slow-Motion, die sich wie ein Balett des Todes gebärdenden Schießorgien und die stylish-düstere Optik machen den Film zu einem einzigartigen Kunstwerk. Die pure physische Gewalt nagelt einen unvermittelt in den Sessel. Ungeschont, roh und ohne Rücksicht auf den Magen des Zuschauers spritzt das Blut dermaßen ausladend, dass jedem Zensoren das Herz in die Hose rutscht und auch Gore-Hounds auf ihre Kosten kommen. Doch soll der Film jetzt nicht auf seinen beachtlichen Gewaltanteil reduziert werden. Vielmehr sei darauf hingewiesen, dass es sich bei aller furioser Action und stilistischer Perfektion um ein menschliches Drama handelt. Im Kern geht es hier um Freundschaft, Liebe und Loyalität. Gut und Böse existieren in der Welt dieses Films nicht mehr. Die Grenzen verwischen zusehends und am Ende, wenn der Polizist seinem neuen Freund zur Seite steht und ob seiner Schussverletzungen in Tränen ausbricht. Gerade der Showdown in der Kirche untermalt von schweren Orgelklängen wird euch noch tagelang verfolgen. Was hier abgeht ist in Worte nicht zu fassen. Schüsse im Stakkato, Leichenberge und die Tauben. Hier macht all das Sinn. Und als die Schüsse verhallen und sich das tragische, ja unfassbar-schreckliche Ende abzeichnet wird einem schlagartig bewusst, wieviel einem an den Charakteren gelegen hat. Ein Un-Happy-End, wie es im Buche steht.Und ich kann versprechen, dass hier so mancher den Tränen nah sein wird oder zumindest einen schweren Kloß im Hals zu verbuchen hat.Kalt lassen wird es niemanden.
Fazit: The Killer ist eine emotionale, wie visuelle Achterbahnfahrt, die beispielhaft all das vereinigt, was ein intelligenter Actionfilm haben muss. Unvergesslich, traurig und genial. John Woo, was warst du ein mal gut.