Bewertung: ***(*)
Krank, kranker, "Izo"...das fällt einem als erstes ein, wenn man diesen Film gesehen hat. Ich sah ihn im Rahmen des "Münchner filmfests" im Japan special. Er wird nie ins kino kommen, und die Altersfreigabe "ab 18" würde auch kaum reichen, um diesen blutrünstigen Film zuzulassen. Wer steckt dahinter ?
Also, der Regisseur des Films ist "Takashi Miike", ein Japaner, der unter Fans fast schon götzenhaft bewundert hat. Der wohl am härtesten arbeitende Regisseur der Welt, der in knapp 10 jahren 43 (!!!) Filme auf die Leinwand gebannt hat. dabei bedient er alle Genres, das meiste sind Auftragsarbeiten. Aber die Perlen haben Kultstatus erreicht (v.a. "Audition", "Dead or alive", "Itchi-the killer", "Gozu"), und mit "Izo" kommt der neueste Schlag in die Fresse !! Ein Film, der nur austeilt, aber die Nehmerqualitäten hat er nicht immer. Ein weiches "Kino-Kinn" wie unser guter Freund Witalij Klitschko ;-)
Der über 2 stündige (gefühlte 6) Film erzählt im Prinzip eine ziemlich banale oft gesehene Geschichte. Ein Samurai wird zu Beginn brutalst hingerichtet (da gingen die ersten Zuschauer), und rächt sich danach u. a. an seinen Peinigern. Punkt. Aber was macht Miike daraus. Etwas neues, nie zuvor gesehenes. Den ersten "philosophischen Splatterfilm", zwischen unzähligen abgetrennten Köpfen, Leibern, Gliedmaßen, und literweise Blut transformiert sich Izo. Vom relativ normalen Samurai, zum vom Wunden übersähten, nahezu unzerstörbaren Dämon mit blutunterlaufenen Augen, Vampirzähnen, der nur noch grollen, aber nicht mehr sprechen kann.
Miike streift dabei unnachahmlich alle Filmstile (Zeitlupe, Dogma-Wackelstil, home-video, cimascope, Archivaufnahmen von Hitler, Stalin, zeichentrick etc.); und das ganze wird furios von einem außerhalb der Handlung stehenden Gitarrenspieler begleitet, der immer wieder auftaucht und die Handlung mit intensiven Liedern kommentiert. Grandios. Dabei wechseln sich die Schauplätze von Tokio, dunkle Wälder, "No-Theater" Szenerien, alten Samurai-settings, und abstrakter sci-fi am Ende ohne Erklärungen, ab. Der Schnitt geht brutal von Natur und Blumenidylle zu Großstadtgemetzel über...
Und, ja der Film hat sogar eine Aussage, eine pazifistische: Er wendet sich klar gegen Krieg, führt Beispiele wie die grauenhaften Atombomben auf Nagasaki und Hiroshima an. Izo steht für das Böse an sich, das scheinbar unbesiegbar ist, und nur den Tod und keine Erklärungen kennt. Er nimmt sich was er will, ist bis zum Schluss nicht aufhaltbar, nur weiß er nicht mehr was er will; durch das ganze Schlachten vergißt er sein eigentliches Racheziel, er tötet sogar unschuldige Kinder. Das Böse kennt keine Gnade, aber es läuft im Kreis, wie es im besten Bild des Filmes: als Izo am Ende im Weltraum auf einer Unendlichkeitsschleife geht, versinnbildlicht wird.
Das ist teilweise grandios, viele kulturelle Anspielung kann man als Nicht Buddhist oder Japaner aber leider nicht verstehen. Es gibt keine lineare handluntg, nur Bilder, Sequenzen, die zwischen pervers und grandios springen. Takeshi Kitano schaut auch ganz kurz vorbei.
Trotz aller visuellen Brillanz, und inhaltlicher Tiefe (es werden Diskussionen über die Bedeutung der Existenz im Stile von Camus und Sartre geführt) fragt man sich doch, ob bei der Zurschaustellung von unmenschlichen und zahllosen Ansammlungen an Brutalitäten nicht die eigentlich pazifistische Aussage verlorengeht. Verirrt sich Miike in seinem Weg, kommt er dabei nicht vom Weg ab ?? ich glaube schon. Trotz zahlloser brillanter Einfälle und Symbole bleibt vieles Stückwerk, die letzten 10 Minuten unverständlich. der "normale" zuschauer ist von der Gewalt überfordert, der Splatterfan vielleicht von der intellektuellen Seite.
Ein interessanter, vielschichtiger, wegweisender, aber letztlich nicht immer geglückter Versuch, das Phänomen des Bösen in der Geschichte der Menschheit zu erfassen. aber wenigstens war es nie langweilig...