Bewertung: ****
Heute soll eine erste DvD vorgestellt werden. Wobei ich mir hier die technischen Details schenken kann, da die DvD von "Die Träumer" leider kein Bonusmaterial aufweist. Gerade ein Audiokommentar des Regisseurs Bernardo Bertolucci wäre interessant gewesen. Da wurde eine Möglichkeit verschenkt de ohnehin prächtigen Film weiter aufzuwerten. Wenigstens sind Bild- und Tonqualität exzellent; als Sprachen sind Deutsch sowie Englisch mit UT anwählbar.
Zum Film: Ja, das ist eine relativ kleine Produktion des Meisterregisseurs Bertolucci ("Der letzte Kaiser" (9 Oscars !), "Der letzte Tango in Paris"); aber eine feine. Es handelt sich dabei um eine Dreiecksgeschichte à la Jules et Jim. Ein französisches Studenten-Zwillingspaar nimmt in Paris, während der Zeit der Studentenrevolten 1968, einen amerikanischen Gaststudenten auf. Alle drei sind filmbegeistert, und verleben in einer exquisiten Wohnung (die Eltern sind aushäusig) eine wilde, freie Zeit, bis sie der Ernst des Alltags erfasst und eine Trennung unweigerlich wird. Das alles ist mit tollen Jungstars besetzt. Die newcomerin schlechthin Eva Green (bald an der Seite von Orlando Bloom in "Kingdom of heaven" von Ridley Scott zu sehen) gibt überzeugend die mutige/verrückte/zerbrechliche Frau zwischen den Männern wie einst Jeanne Moreau. Auch Michael Pitt (an der Seite eines Sandra Bullock-Thrillers als Killer bekannt geworden) , im übrigen Di Caprio sehr ähnlich, spielt den Anfangs schüchternen Amerikaner mit großer Verve.
Toll auch die Musik (u.a. alte "the Doors" Sachen), die alten Filmausschnitte aus Nouvelle Vague Filmen wie "Außer Atem", und die Leichtigkeit mit der das ganze erzählt wird. Es kommt viel über diese junge 68-er Generation heraus, ihre Ziele, Ängste, das Absetzen von der älteren Generation, die Emanzpation, die Freiheit, das Ungezwungene, ja und die freie Liebe. Das alles ist locker, ohne Klischees, und ohne erhobenen Zeigefinger erzählt. Episode reiht sich an Episode, die Lockerheit nimmt ab, die Spannungen nehmen bis zur (Fast) Katastrophe zu. Ein vorbildlicher Film über junge Leute, und speziell über die vielgescholtenen 68-er. Aber gegen die eher spießigen heutigen Studenten hat das durchaus was befreiendes, deren ihr nicht immer unproblematisches Treiben (!) zu betrachten.
Es hätte ein ganz großer Film werden können, aber leider wurde er es nicht ganz, weil ein alternder Bertolucci wohl auf überharte Sex- und Selbstbefriedigungsszenen nicht verzichten wollte. Zwar wirken sie relativ natürlich, sind aber in der Menge und in der Explizitheit (dicht am Porno) zu aufdringlich und effektheischend. Diese gewollte Provokation (die gab es auch in Cannes) war angesichts der hohen Qualität des Films unnötig. Schade, aber den Darstellern sei auf Grund ihres offenen Umgangs mit totaler Nacktheit und mehr, Respekt gezollt. Nicht jeder wagt das, aus Angst vor dem Karriereverlust !